Tagebuchauszug Barbuda

Tagebuchauszug Barbuda, die nördlichste Insel unserer Karibikreise

10.04.22 Sonnensegel abbauen, Wasser tanken und dann schönstes Halbwindsegeln von Jolly Harbour, Antigua nach Barbuda an den bekannten Princess Diana Beach. Gute 30 Seemeilen, wir segeln parallel zur Polarseal, Ryan und Sophie, bekannt durch ihre YouTube Videos. Was ein Spaß! Seglerische Binsenweisheit: sobald zwei Segelboote aufeinander treffen, ist es ein Wettrennen. Wir sind schneller, sie fahren allerdings im zweiten Reff aufgrund von gebrochenen Segellatten. Na gut. Aber Hauptsache, wir haben gewonnen. Wir lassen den Anker in Cocoa Point fallen, springen ins kühle Nass zur Abkühlung und düsen an den Strand zum Sundowner. Ein schönes Ritual, dieses Treffen am Strand zum Sonnenuntergang mit einem Bier oder Rumpunsch in der Hand. Traci von der Walkabout hat Geburtstag, wir singen ‚viel Glück und viel Segen‘ im Kanon und haben viel Spaß.

11.04.22 Fünf Runden ums Schiff schwimmen, ausgiebiges gemütliches Frühstück – wir haben ja Osterferien- und damit schulfrei und schon geht das Kinder-Boot- Hopping los. Auf dem Katamaran Paikea wird genäht, Ronja entwirft neue Kleidungsstücke für die Kuscheltiere, auf dem anderen Katamaran wird vom Dach ins Wasser gesprungen und das Sylvia Dinghi fährt Wake Board Runden. Lotta kann schon ne knappe Minute stehen auf dem Brett- sie ist ganz glücklich. Ab 1600 gibt es Lagerfeuer am Strand, Noah von der Mayol hat dazu aufgerufen. Es kommen 19 Kinder mit ihren Eltern. Es liegen vielleicht 15 Boote in der Bucht. Verrückt, woher kommen die vielen Kinder? Mehrere Familien haben 3 Kinder- wie wir- und sie alle reisen durch die Welt.  Die einen bringen Würstchen, die anderen Stockbrot, andere Marshmellows. Ein weiterer schöner Abend unter neuen und alten Freunden.

12.04.22 Heute mal Müsli Frühstück. Wir müssen backen, das Brot ist alle und hier gibt es wirklich überhaupt gar keine Einkaufsmöglichkeit. Ronja und ich gehen schnorcheln am kleinen vorgelagerten Riff. Wir sehen tolle bunte Fische in kristallklarem Wasser, aber leider auch viele abgestorbenen Korallen.  Da ich schon in Schale geworfen bin, mit meinem Ganzkörper Neoprenanzug, reinige ich im Anschluss noch den Rumpf, oder fange zumindest damit an. Es ist ohne Tauchausrüstung nämlich recht anstrengend: festhalten + schrubben und mit den Füßen paddeln, und dann alle 40 Sekunden Luft holen nicht vergessen. Aber so langsam haben sich einige Muscheln, Kleinstgetier und Seegras festgesetzt. Hilft also nichts.

Am Abend ist für mich Lobsteressen angesagt. Einige Segler treffen sich am lokalen Grill, dem Shak-A-kai. Ich sitze mit Anna von der Nenya, Sophie von der Polarseal, und Walkabout. Später wird im Sand am Strand noch das Tanzbein geschwungen. Jemand hat eine kleine Bluetoothbox mitgebracht. Christian bleibt mit den Mädels an Bord und es findet, wie immer am Dienstag, unser Pfannkuchen Dienstag statt. Im Anschluss gibt es auch noch einen Kinoabend: Alwin and the Chipmonks. Also auch an Bord sind alle glücklich.  

Das Lobster Team, Traci, Andrew und ich hatten bereits Schwierigkeiten am Strand anzulanden. Es hatte sich ein ziemlicher Grundschwell aufgebaut, der dazu führte, dass die Wellen kurz vor dem Strand brechen. Wir Frauen werden beim Anlanden etwas nass, Andrew fällt komplett ins Wasser.  Uuups. Mit dieser Welle hatten wir nicht gerechnet.

Später, mit etwas zu viel Rumpunsch intus wird es noch schwieriger ins Dinghi zu steigen und vom Strand wegzukommen. Das Dinghi schlägt quer, eine Welle füllt das Dinghi und lässt uns allesamt Taschen + teurer Kamera ins Wasser plumpsen. Wir haben keine Chance bei den Wellen. Wir tragen das Dinghi also 500m hoch den Strand und versuchen es erneut. Es ist wenigstens kein Riff in der Nähe und wir beobachten die Wellen, warten auf die Lücke. Mit Hilfe zwei weiterer Männer, die versuchen das Dinghi in Position zu halten, während wir reinklettern und den Motor starten, gelingt es uns schließlich loszukommen. Klatschnass, salzig und sandig wird also erstmal geduscht zurück an Bord. Ein teurer Abend……  

13.04.22 Ausgiebiger Strandspaziergang am Princess Diana Beach- 13km feinster weißer Sand. Vollständig in Lee, findet sich hier weder Müll noch Seegras. Fantastisch! Wir spazieren, sammeln Muscheln, spielen Ball. Das pure Glück durchflutet uns. Ein Riesen Rochen ganz nah. Wir können beobachten wie er majestätisch durchs Wasser pflügt. Und so viele Vögel! Sie zwitschern so laut, wie wir es in Deutschland nur in den ersten Tagen hören, wenn die Vögel zurückkehren aus dem Süden. Und ich werde nachdenklich. Wir sollten dringend planen, wann wir das nächste Mal am Wasser sind. So richtig kann ich es mir ohne nicht mehr vorstellen. Ohne Wasser, ohne Boot? Vielleicht ein Herbsturlaub auf Borkum oder Wangerooge?

Später gibt es “Halyardswinging” auf der LadyBlue. Für alle, die das nicht kennen: Springen und schwingen mit dem Großfall, das durch das Ende des ausgebauten Spibaums geführt wird und dann schwingen die Kinder vom Bugkorb um den Spibaum nach hinten- rechtzeitig loslassen und ins Wasser hüpfen ist natürlich wichtig. Die Kinder haben viel Spaß.  

Und auch wakeboard Runden mit dem Dinghi sind wieder angesagt. Ausgekühlt und glücklich, verteile ich die Kinder später auf ihre Schiffe. Die Erwachsenen trinken Kaffee auf der Polarseal mit Ryan und Sophie, es gibt noch eine Schachrunde mit Lotta im Cockpit und zum Abendessen sind wir bei Traci und Andrew auf der Walkabout eingeladen- spontan- deswegen gibt es Pasta&Pesto mit MeatBalls aus der Tüte- ein Segleressen eben. Wie immer schön und auch etwas traurig, denn es ist Zeit Tschüss zu sagen- unsere Wege trennen sich. Wir verabreden uns zur Boatshow in Southhampton im September. Spruch des Abends von Marla: Traci, there are stars under your table! Was war passiert? Marla durfte mit der Astronavigation App auf Tracis Handy spielen. GPS kodiert werden die Sternenbilder nach ausrichten des Handys angezeigt. Auch wenn man unter dem Tisch nach unten zeigt…..

14.04.22 Während wir frühstücken, wird auf der Luxusmotoryacht (180 Fuß! 12 Gäste, 14 Crew) neben uns eine Riesenrutsche aufgebaut, von ganz oben bis ins Wasser. Unsere Kinder müssen rüber und fragen, ob sie rauf dürfen. Leider nein, die Rutsche sei nur für Erwachsene zugelassen. Und dann ist es einer dieser Tage, an denen man sich abends fragt, was man eigentlich gemacht hat……der Plan war an den Strand zu gehen, aber irgendwie waren wir nicht am Strand. Ronja war bei Sauvage, Armbänder knüpfen. Aurora mit ihren 3 Jungs war bei uns an Bord, Kaffee trinken, quatschen, austauschen. Sie waren 3 Jahre als 5köpfige Familie unterwegs, jetzt ist es Zeit irgendwo anzukommen, ein Haus zu bauen, in Schweden. Spannende Zeiten. Bei uns gibt es leckeren Salat zum Mittagessen, Luna hatte uns Tomaten, Gurken und Äpfel von Antigua mitgebracht. Auf der Nenya ist später noch Osterbasteln angesagt. Als Osterhexen verkleidet- ganz nach dem schwedischen Brauch- wird die Osterbastelei später im Dinghi an die anderen Boote verteilt. Kinder von 2- 11 Jahren aus aller möglichen Länder sitzen im Dinghi und haben sehr viel Spaß. Sie bekommen natürlich auch Süßigkeiten. Wirklich schön.

15.04.22 Projekt des Morgens: wir bauen eine Sandmauer mit dem Schriftzug ROBUSO Solingen gemäß einem Foto von 1923. Wir genießen es den klebigen Sand zu verarbeiten, hüpfen immer wieder ins Wasser, lassen uns in den Wellen treiben. Ich kann mich nicht satt sehen an diesem türkis. Wahnsinn! Und die lustigen kleinen Vögel, die mit jeder Welle ins Wasser flitzen und wieder zurück und irgendetwas Eßbares im Sand finden und picken. Und dann die wilden Pferde, herrlich wie sie am Strand spazieren gehen, als ob es das normalste wäre. Ist es hier ganz offensichtlich auch, nur nicht für uns. Zum Mittagessen gibt es leckeren Couscous, dann verschwindet Ronja mal wieder auf unser Nachbarboot, der Katamaran Sauvage mit Karmen und Tom. Die drei haben offensichtlich viel Spaß, wir hören ihr Lachen rüber. Jamie und Tom von der Wildthing2 und Anna kommen zu uns an Bord, es wird gepuzzelt, gespielt,und ins Wasser geschwungen. Später am Abend ein letzter Sundowner beim Shak-A-Kai. Wildthing 2, Sylvia, Sauvage und Triplea kommen auch mit. Wir müssen ihn überreden zu öffnen, wollte er doch den Tag dem Lord widmen. Oh ja, es ist Karfreitag. Ostern ist hier wirklich kaum zu spüren.

16.04.22 Am Morgen findet eine weitere Spielrunde an Bord der Wildthing2 statt. Unsere Mädels genießen es sehr mal wieder Deutsch zu sprechen. Und dann geht es in die Low Bay. Wir wollen uns noch das Bird Frigate Sanctuary und Codrington anschauen.  Vorher verabschieden wir uns von Sylvia, Triplea und Sauvage. Die Überfahrt ist zunächst etwas nervig, dead down Wind. Wir sind zu faul um für eine Stunde den Spibaum zum ausbaumen zu setzen, also versuchen wir vor dem Wind zu halsen….der eine Kurs fährt zurück nach Antigua, der andere auf das kleine Riff vor dem Princess Diana Beach. Aber gut, wir schaffen es. Ums Kap bei Palmetto, dann Halbwind, dann Amwind- Rauschefahrt direkt an den Strand wo der Anker auf 2,7m fällt, 30m gesteckt und wir liegen noch vor allen Schiffen. Eine Runde an den kleinen Strand schwimmen und mit dem SUP paddeln. Der Kauf des SUP hat sich bewährt. Zunächst dachten wir, dass es so ein Kauf sei, nach dem Motto, haben jetzt alle, muss man auch haben. Aber es ist in der Tat, auf dem Segelboot lebend, eine nette trockene Mobilitätsvariante für die Kinder und uns.

Die Nacht wird sehr rollig, wir freuen uns mal wieder auf eine Marina.

17.04.22 Ostersonntag: kleine Schokoladenosterhühner stehen auf dem Frühstückstisch. Marla kombiniert schlau: “Klar, es gibt keine Osterhasen, weil nur die Ostervögel können ja zu uns zum Schiff fliegen”. Ist ja wohl klar!

Wir sind mit Luna verabredet, das Frigate Bird Sanctuary in der Lagoon anzuschauen. George soll unser Guide sein. Erreichen können wir ihn nicht, aber wir sind zuversichtlich ihn am Ostersonntag um 10 Uhr morgens am Dinghidock zu finden. Bevor es losgehen kann, müssen wir aber erst die Lagoon queren und v.a. reinkommen in diese Lagoon. Laut Navionics (unsere digitale Seekarte) gibt es ein Dinghi Passage. Mutig schippern wir hin, vor lauter brechender Wellen ist es aber gar nicht so einfach die Öffnung zu finden. Mutig steuern wir durch und werden komplett nass. Mehrere Wellen brechen ins Dinghi, wir sind am Schöpfen bei maximalen Speed, versuchen es frontal, schräg querab, keine Chance. Wir werden nass und nasser.  Also eine spektakulärere Dinghifahrt hatten wir noch nicht. Angekommen müssen wir uns erstmal umziehen (gut, dass wir laut der Empfehlung anderer Segler, tatsächlich für alle 5 Familienmitglieder Wechselkleidung eingepackt haben). Das Luna Dinghi kommt auch völlig durchnässt an. Aber glücklicherweise treffen wir auf George, der uns mit seinem großen Dinghi und 60 PS Außenborder routiniert durch die Lagune schippert, von Barbuda erzählt, uns durch die Mangroven fährt und so dicht an die Frigattenvögel bringt, dass wir in die Nester greifen könnten. Was wir natürlich nicht tun. Wir lernen die Jungvögel (weiß), von den Jugendlichen (weißer Kopf ), von den Weibchen (grau)und den Männchen (rote Kehle) zu unterscheiden. 5-6 Monate bleiben die Jungen im Nest und die Eltern schaffen „fliegende Fische“ als Futter an d.h. mehrmals am Tag fliegen sie auf die Atlantikseite um 4-5 fliegende Fische zu fangen und dann den Jungen zu bringen. Sie täuschen die Fische erst an, so dass sie auffliegen, und dann fangen sie sie im Flug. Wahnsinn, diese Natur!

In Codrington, die größte „Stadt“ auf Barbuda,  versuchen wir etwas zum Mittagessen zu finden, aber es gibt nichts. Geschlossen, oder verlassen. Das Städtchen ist völlig verarmt, und vermüllt. Vom Hurrikan Irma weggeflogenen Dächer sind noch nicht wieder aufgebaut. Er suchte Barbuda 2015 heim, alle Einheimischen wurden nach Antigua evakuiert. In Barbuda kann man die Schere zwischen arm und reich nicht übersehen. Die Einheimischen sind völlig verarmt, und scheinbar resigniert. Es fehlt an allem, insbesondere Baumaterial zur Wiederherstellung der Häuser. Im Süden der Reichtum, ein neu gebautes Luxusressort zerstört das Naturschauspiel Barbuda. Der Teil der Insel wurde von Antigua verkauft. Nur noch 15m Strand sind öffentlich zugänglich. Den reichen Investoren ist es ganz offensichtlich nicht gelungen, oder sie hatten gar kein Interesse, das Luxus Resort im Einklang mit der Natur, den Einheimischen und Seglern zu bauen. Schade und beschämend. Aber durchaus nicht unüblich in der Karibik. Einige Inseln sind in Privatbesitz, betreten verboten.

18.04.22 Das nennt man wohl Rauschefahrt. Von Barbuda, Low Bay bis Jolly Harbour, 34nm quasi ein Kurs nach Süden, Halbwind, 20-28 Knoten Wind, die Genua im 4. Reff (offiziell gibt es nur 3), das Groß im 2. Reff (zum ersten mal denken wir darüber nach, dass auch bei unserem kleinen Großsegel ein 3. Reff Sinn machen könnte), Besan komplett gesetzt, wir laufen 7-8 Knoten und rauschen dahin. Die 2m Wellen hinab haben wir das Gefühl gleich abzuheben. Ein sehr schöner Segeltörn. In Jolly Harbour angekommen, versuchen wir den Dockmaster zu erreichen, aber dieser scheint am Ostermontag frei zu haben. Wir legen an der Tankstelle an, die erst am nächsten Tag um 8 Uhr öffnet. Andere tun es uns gleich, und so warten wir, bis wir am nächsten Tag eine Box zugewiesen bekommen. Aber natürlich gehen wir schon mal ausführlich warm duschen, und zum Griechen. Für die Kinder gibt es  Pizza aus dem Steinofen und für die Erwachsenen „Fleisch“ satt. Es fühlt sich sehr gut an in einer geschützten netten Marina zu liegen. Die permanente Wachsamkeit kann in den Ruhemodus übergehen. Ich schlafe super, Christian gar nicht. Oh man, wie mans macht….. Wir werden uns hier drei Nächte gönnen, also genug Zeit sich an das unbewegte leise Schiff zu gewöhnen.

 

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