Sailing Lady Blue

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Rückblick Karibik

Gute fünf Monate verbrachten wir insgesamt in der Karibik, genauer gesagt 158 Tage und Nächte.
158 Tage, die etwas ganz Besonderes waren.
Die wir nie vergessen werden.

In der aktuell ruhigen Zeit hier in Belgien reisen die Gedanken zurück und ich wage einen ersten persönlichen Rückblick auf diese so andere Zeit in unserem Familienleben.

Am 5. Dezember 2021 um 09.27 Uhr überquerte ich mit der Lady Blue die Ziellinie auf der Westseite der Insel Grenada nach unserer 17-tägigen Atlantiküberquerung. Um 10.25 Uhr lagen wir fest vertäut am Steg der Port Louis Marina und hatten wieder Land unter unseren Füßen.

Und am 12. Mai stiegen wir nach einem sehr leckeren Abschiedsfrühstück auf dem amerikanischen Katamaran Change Up ins Taxi und unser Flieger hob um 14.57 Uhr Ortszeit in Antigua ab Richtung USA.

Elf karibische Inseln steuerten wir mit der Lady Blue an, ankerten, gingen an Land und erkundeten sie. Mal blieben wir geplant länger, mal ungeplant länger und einige Inseln ließen wir ganz aus, wie z.B. St. Vincent, St. Lucia und Dominica. Nach unserem langen Aufenthalt auf Grenada wurde uns nochmal bewusst, dass wir langsam reisen wollen, dass wir viel Zeit an den Orten verbringen möchten. Dadurch wollten und konnten wir nicht alle karibischen Inseln besuchen.

Es war eine Reise von der südlichsten Insel Grenada nach Norden. Immer nordwärts. Bei den vorherrschenden konstanten Winden aus Nordost mit 15-25 Knoten waren wir somit immer am Wind unterwegs. Schräglage und das Auf- und Ab in den Wellen waren gesetzt, sobald wir Anker auf gingen.

Die Zeit auf der Insel Grenada war geprägt von der Gemeinschaft der Segler der ARC+ Flotte. In den südlichen Buchten der Insel verbrachten wir unsere ersten karibischen Tage & Nächte auf dem Boot. Die Marina Le Phare Bleu war wochenlang unser Stützpunkt, in dem wir den Schock des medizinischen Notfalls verdauen mussten und neue Energien suchten mussten und wollten. Die Gemeinschaft der Segler, die uns in dieser schwierigen Zeit zur Seite stand, war für mich persönlich eines der besonderen Momente dieser Reise.

Weiter ging es am 24. Januar Richtung Carriacou. Immer schön im Lee der Inseln. Doch sobald wir die Nasenspitze aus der Inselabdeckung streckten, kamen sie angerollt, die großen Atlantikwellen. Insbesondere zwischen Grenada und Carriacou ist mit ihnen nicht zu spaßen und wir hatten zwei sehr unangenehmen Überfahrten zwischen den Inseln.

In Tyrell Bay, der großen Bucht im Südwesten der Insel, verbrachten wir einen schönen Abend mit Stefan und Nancy von World Traveller, bevor es am 28. Januar weiter ging nach Clifton auf Union Island. Unser erstes Einklarieren per Boot. Au Mann, war das aufregend. Die Reihenfolge von Immigration, dann Health Office, dann wieder Immigration und zum Schluss Customs muss eingehalten werden. Nach dem wir alle Stempel auf allen Formularen hatten wir glücklich und stolz. Wir waren nun im Staat St. Vincent and the Grenadines. Im Deutschen kurz „Die Grenadinen“ genannt.

Hier lagen wir geschützt hinterm Riff mit einem Haufen Kitesurfern vor uns. Die künstliche Insel Happy Island war an zwei Abenden der Ort für uns Segler für den abendlichen SunDowner. Mit alten Freunden von der Casamara und Caris.

Nach einem Abstecher in den Westen der Insel zu Chatham Bay ging es weiter für uns zum legendären Sunbrella Island, wie der kleine Sandhaufen unter Seglern genannt wird. Auf den Karten wird sie offiziell Mopion Island genannt. Ein Sehnsuchtsort für mich, seitdem ich ihn vor Jahren in den Segelvideos von Sailing Insieme entdeckt hatte.

Die Tobago Cays waren unser nächster Stop. Glücklicherweise waren wir in einer windarmen Zeit dort, denn auch hier war Ankern hinterm Riff angesagt. Und wir lernten Dinghifahren bei Windstärke 5 gegenan. Wir blieben sogar trocken, dank dem kaum vorhandenen Schwell. Hier fanden wir endlich Schildkröten, bunte Fische und einen Unterwasserwelt, welche in allen Farben schillerte. Unser „Aquarium“, wie wir es nannten.

Um 8 Uhr morgens am 8. Februar legten wir ab gen Bequia. Kein Aus- und Einklarieren, denn auch Bequia gehört zu den Grenadinen. Bei 18 Knoten NE ging es nordwärts. AmWind segeln mit der Genua im dritten Reff, dem Groß im ersten Reff und vollem Besan. Kurz vor Bequia ging dann doch die Maschine an und um halb fünf grub sich der Anker in der Bucht von Port Elizabeth ein. Unser Motor ging aus und nie mehr an. Anfangs glaubten wir noch an einen „normalen“ Fehler. Doch im Nachhinein stellte sich raus, dass die Dieseleinspritzpumpe kaputt war. So waren unsere Tage auf Bequia geprägt von unzähligen Versuchen die Maschine wieder in Gang zu bekommen. Kostbare Momente gab es jedoch auch hier. Eines Abends erlebten wir eine private Führung durch die 125 Fuß Luxusyacht Celtic Spirit. Wahnsinn, dieses Schiff. Auch ein Ausflug zur Schildkrötenaufzuchtstation war mit dabei.

Unter Segeln, ohne Maschine, ging es am 18. Februar gen Martinique zu den Volvo Penta Spezialisten. Zusammen mit David, einem 29-jährigen französischen Mitsegler lagen mit die schönsten Segelstunden unseres Jahres vor uns. 144 Seemeilen voller Segelmomente, voller Lachen, voller Leben. Nach 30 Stunden vollbrachten wir auch das Ankermanöver ohne Maschine und der Anker lag sicher am Boden der Bucht Grande Anse d‘Arlet.

30 Tage verbrachten wir auf Martinique. Wir kletterten auf den höchsten Berg der Insel, Montagne Pelee, wir erkundeten den Leuchtturm auf der Halbinsel La Caravelle in glühender Hitze, wir gönnten uns eine Nacht im Hotel Residence Ocean, wir tanzten zusammen mit den Menschen im lokalen Karneval und wir genossen die Überdosis an leckerem Essen, welche die europäische Kultur uns wieder zur Verfügung stellte. Auch unser Motor wurde endlich in Case-Pilote durch Frank und seinem Team repariert und wir konnten weiterziehen.

Voller Tatendrang nahmen wir uns von St. Pierre aus vor die Strecke zu den Iles des Saints an einem Tag zu schaffen. Doch nachmittags entschied die Skipperin die nördlichste Bucht in Dominica unter Q-Flag anzusteuern und dort die Nacht zu verbringen. WalkAbout war dort, die wir seit Grenada nicht mehr gesehen hatten und die dort zu engen Freunden geworden waren. Wir verbrachten einen wunderschönen Abend an Bord voller Geschichten über die vergangenen Tage und Wochen. Am nächsten Tag, dem 21. März, ging es weiter zu den Iles des Saintes, die südlich vorgelagerten Inseln von Guadeloupe. Auf Terre-de-Haut trafen wir endlich die Escape, mit Volker und Annelie aus Solingen.

Die kleine Insel hatte es uns angetan und wir blieben ganze sechs Tage. Geplant hatten wir eine Übernachtung. Dort trafen auch Maupiti wieder, liehen zwei Golfkarts aus, erkundeten die Insel und genossen die Zeit. Fehlen darf auch hier nicht die Wanderung zum höchsten Punkt mit sportlichem Hangeln an blauen Hanfseilen, um in den ersten Stock des alten Wachturms zu gelangen.

Im Nordwesten von Guadeloupe verbrachten wir zwei Nächte in Deshaies. Den botanischen Garten erkundeten wir gemeinsam mit TripleA und des Nächtens fing ich ein Boot (Oops, darüber habe ich hier auf dem Blog noch gar nichts geschrieben. Mehr Infos zum nächtlichen Bootsfang gibt hier: LadyBlue auf Instagram)

Ende März erreichten wir Antigua. In der Catamaran Marina, im Süden der Insel, dockten wir für vier Nächte mit Buganker und Heckleinen an (Zum allerersten Mal für uns mit der Lady Blue – ein Abenteuer). Viele Segelfamilien waren noch hier und wir verbrachten viel gemeinsame Zeit im Sweet-Ts und in der Marina Bar mit BigBubble, Sylvia, MagicDragon, Luna, TripleA und Chula.

Am 8. April fand Lottas Geburtstagsparty am Strand vor Jolly Harbor statt. 14! Boote kamen, die meisten Seglerfamilien. Es war eine unvergessliche Beachparty. Die Sprachen schwirrten durcheinander, alte Banden aufgefrischt, neu geknüpft am Lagerfeuer singend und das obligatorische Geburtstagslied in fünf verschiedenen Sprachen: deutsch, englisch, französisch, schwedisch und holländisch. Collecting Moments. Da war es wieder.

Zwei Tage später ging es weiter nach Barbuda zeitgleich mit Ryan & Sophie in PolarSeal. Sofort war das Regattafieber da, die Kinder trimmten das Boot und wir kamen als Erste in Barbuda am Princess Diane Beach an. Jippie.

Zauberhafte Strände, kristallklares Wasser und eine Menge Familienboote erwarteten uns. Eine ganze Woche verbrachten wir dort, bis uns das Frischwasser ausging und wir am 18. April zurück nach Antigua, Jolly Harbor segelten. Die letzten beiden Tage auf Barbuda ankerten wir um in die Low Bay und trafen uns dort mit Luna um gemeinsam einen Ausflug mit dem local Guide George in die Lagunen und zum Bird Sanctuary zu unternehmen. Ein ereignisreicher Tag. Mehr dazu gibt hier, im Blogbeitrag von Julia.

Mit vollen Wassertanks ging es zusammen mit unserem Buddyboat Pacific Blue zum Projekt „Antigua-Rund“ – gegen den Uhrzeigersinn. Deep Bay, Bird Island und Stingray City wurden von uns besucht und wir verbrachten eine tolle Woche bevor wir im Endspurt in der Flaute zurück nach Falmouth motorsegelten, so dass Julia zur Antigua Sailing Week kam.

Die Antigua Sailing Week – Ein Riese unter den weltweiten Regatten. Nach zweimaliger Zwangspause 2020 & 2021 war es dieses Jahr wieder möglich. 85 Segelboote und Zuschauer aus aller Welt kamen. Und meine Frau mittendrin. Durch unser Netzwerk und das Ablaufen am Pontoon und fragen, kam sie noch auf einen regulären Platz auf dem Segelboot Cricket, einer First 35, geskippert von der lokalen legende Sandy Mair. Ein Skipper und fünf Crew. Julia mit Abstand die Jüngste. Und von Sonntag bis Freitag bekam ich jeden Abend eine kaputte und glückliche junge Frau zurück. Eine Woche reinstes Segeln. Im Regattamodus. In Antigua. In der Sonne. Ohne Kinder. Da kann man, äh frau, schonmal glücklich sein, ob dieses seltenen Ereignisses.

Währenddessen ging ich mit den Kindern zum Aussichtspunkt mit Fernglass bewaffnet wandern, rettete Dinghis mit Frau und Kind ohne Benzin, schleppte sie zu einem Racekatamaran und wurde prompt eingeladen ab Donnerstag mit zuracen. In der Katamaranklasse. Einziger Gegner: Alex Thompson auf Tosca. Alex Thompson. Wer ihn nicht kennt. Hier gibt’s Infos (Alex Thomson Racing). Und wir gewannen! Naja, zumindest ein Teilrennen. Crew des Katamarans Penmanship: Fünf Erwachsene, 10 Kinder! Unvergessliche Momente für Marla, Lotta, Ronja und mich. Hier gibt’s den Zusammenschnitt der Sailing Week: In der Sekunde 0:32 sieht man kurz den hellblauen Katamaran Penmanship hinter dem blauen Katamaran Tosca.

Und damit ging unser Segeln in der Karibik zu Ende. Es folgten Vorbereitungstage, wieder in Jolly Harbor, um Lady Blue auf ihre Reise auf einem Frachter über den großen Teich vorzubereiten.

Zum Schluss noch eine kleine Auswertung, wie wir die karibischen Nächte verbracht hatten.

Stolz stellen wir fest, dass wir mehr als 2/3 der Zeit vor Anker lagen. Günstig auf der einen Seite gepaart mit großer Freiheit und Unabhängigkeit. Genau unser Ding.